This is me

 

Menschen sind  divers. Nicht nur was Geschlecht, Hautfarbe und sexuelle Orientierung angeht. Jeder Mensch ist anders und mit diesen Unterschieden müssen wir tolerant und offen umgehen. Deshalb stelle ich hier eine Reihe Individuen vor. Jeder von ihnen hat Ecken und Kanten. Aber sie alle sind tolle Menschen und haben Respekt verdient.


 

 

Sam

 

Sam hatte seit der sechsten Klasse Probleme in der Schule. Hauptsächlich weil die Arbeitseinstellung nicht stimmte. Aber als intelligentes Mädchen konnte sie sich immer irgendwie durchmogeln … bis sie in der achten Klasse merkte, dass die Lücken wohl doch zu groß waren. Da ging nicht mehr viel. Die Lösung war einfach: Ein Jahr wiederholen, um den Anschluss zu kriegen.


Aber dann kam Corona. Struktur und Leistungskontrolle in der Schule brachen weg. Sam musste alleine klar kommen. Die Lehrer waren mit Fällen wie ihrem überfordert. Die Leistungen blieben trotz Wiederholung schlecht. Die Pandemie hat sie im entscheidenden Moment jeder Unterstützung beraubt.


Pünktlich zum Ende der Lockdowns landete Sam dann auf der Realschule. Mit regelmäßigem Unterricht, neuen Freunden und einem tollen Klassenlehrer blühte sie auf. Die schlechteste Note auf dem Halbjahreszeugnis war eine 3 in Französisch.


Das Praktikum in der Klasse 9 machte Sam im sozialen Bereich. Für sie ist klar: Ihr ist es so scheiße gegangen. Sie will anderen helfen, die ähnliche Probleme haben.


Ihr Freundeskreis hat sich durch den Schulwechel radikal verändert. Sie hängt mit einer Handvoll Jugendlicher im Stadtpark ab. Wenn ihre Freunde zu betrunken sind, um Abends nach Hause zu kommen, hilft sie ihnen.


Als ein Schulfreund Suizidgedanken hat … und aus der Notaufnahme wegläuft, überzeugt sie ihn, wieder hin zu gehen. Weil er sonst wegen Selbstgefährdung zur Fahndung ausgeschrieben wird.

Irgendwann merkt Sam: Bei den Problemen der Freunde stößt man an seine Grenzen. Weil sonst die Sorgen der anderen die eigene Gesundheit und die der Eltern auffressen. Als nächstes muss sie also lernen, wie man Menschen richtig helfen kann. Keine leichte Aufgabe für eine Fünfzehnjährige.

 

Nach der 10. Klasse in der Realschule entscheidet sich Sam für eine Ausbildung als Mechanikerin. Für soziale Berufe ist in der Regel ein Abi und ein Studium nötig. Aber von der Schule hat sie wirklich genug!

In Sams Wahlberuf herrscht großer Fachkräftemangel und Sam bewirbt sich rechtzeitig. So kann sie zwischen drei Ausbildungsstellen wählen.


 

 

Elli

 

Elli ist Physikerin. Mit ihrer ganzen Seele. Das hat sie als Kind komisch gemacht. Wer mag schon Mathe und lacht über die Witze der Lehrer? Dazu kam noch Ellis Art, alles zu analysieren, was sie sah. Immer das zu tun, was sie gut fand. Egal, ob es passte. Freunde hat Elli trotzdem gefunden. Aber sie sagt selbst „Wie hatten eigentlich nichts gemeinsam außer dass wir alle Außenseiter waren.“

 

 

 

Erst in der Oberstufe fand Elli die Welt, in die sie gehörte. Zum ersten Mal während eines einwöchigen Schülerworkshops an einem internationalen Forschungszentrum in der Schweiz. Sie hatte das Gefühl, sie kommt nach Hause. Die Anderen lachten über die gleichen Witze wie sie, sprachen über die gleichen Themen, schauten die gleichen Serien … und bewunderten sogar Ellis Mut, ihre Mathe – und Physik – T-Shirts in der Öffentlichkeit zu tragen.

 

 

 

Im Studium kam Elli endgültig an, in dem, was Außenstehende „Welt der Nerds“ nennen würden. Schnell merkte sie: Diese Welt entspricht vielen Klischees. Aber sie ist auch total anders. Weil sich die „Nerds“ nun mal nicht an die gängigen Vorurteile halten, sondern einfach sind, wie sie sind.

 

Da ist zum Beispiel der Physiker, der Faltenrock und Ringelstrümpfe trägt. Oder die Physikerin, die zwischendurch ihr Skript mit Bildern bemalt – und außerdem noch sehr gut Klavier spielt.

 


 

Sakura

 

Sakura ist glücklich verheiratete Softwareentwicklerin. Sie liebt Bogenschießen und Mittelalterfeste. Fit hält sie sich mit regelmäßigem Joggen.

 

Dass sie eine Frau ist und kein Mann … das hat sie irgendwann festgestellt. Den Frauennamen Sakura hat sie ausgewählt, weil sie die japanische Kultur mag und gerne Mangas liest.

 

Die Zeit, bis der Körper dem Geist vollständig angeglichen ist, wird anstrengend.  Bis die Mitmenschen alle verstanden haben, dass aus dem Mann Daniel „plötzlich“ die Frau Sakura wird, auch. Schon deshalb, weil die Änderung für Sakura gar nicht so plötzlich kommt.

 

Zum Glück ist ihre Frau den Weg mitgegangen – genau wie viele Freunde und Bekannte.


 

Felix

 

Felix ist „erst“ 18 aber hat schon mehr Lebenserfahrung als man in so einem Alter erwartet. Das liegt wohl auch an seinem analytischen Geist, der immer wieder hinterfragt hat, was viele Gleichaltrige für selbstverständlich nehmen.

Das hat ihm in der Schulzeit immer wieder Probleme gemacht – genau wie seine Figur, die nicht immer so durchtrainiert war wie jetzt. Irgendwann hat er beschlossen, nicht in der Opferrolle zu bleiben. Seine Lösung: Über seine Peiniger hinaus zu wachsen, um von oben auf sie herab schauen zu können.

Was danach folgte, war eine Drehung um 180°, die Felix mit viel Disziplin durchgezogen hat. Anfangs war die Arbeit an sich selbst schwer – auch weil  noch die Coronapandemie dazu kam. Alleine Zuhause hatte Felix mit sich selbst und seinen Ängsten zu kämpfen. Er ist sehr stolz darauf, dass er sich selbst ohne Hilfe aus diesem Loch heraus gezogen hat.

Der Erfolg hat sich schon eingestellt: Felix hat ein Unternehmen gegründet, das ein Jahr nach seinem Abitur anläuft, Verbindungen aufbaut und Geld einbringt. Damit hat er erste Erfahrungen gesammelt.
Als nächstes folgt ein Management-Studium an einer Eliteuni. Für Felix gilt „sky is the limit“. Er will ganz nach oben. Von niemandem abhängig sein. Sich nicht darum kümmern müssen, was andere über ihn denken.

Damit hören Felix Ambitionen aber nicht auf. Er arbeitet nicht einfach drauflos, um Erfolg zu haben. Er will auch seine Persönlichkeit selbstbestimmen. Dazu gehört, dass er sich viele Gedanken um Moral macht und sich eingehend mit Philosophie beschäftigt – eine Inspirationsquelle dabei ist Nietzsche.
In den letzten Jahren hat er bereits ein sehr differenziertes Weltbild aufgebaut, das er immer noch hinterfragt und weiterentwickelt. Wo genau das enden wird – das muss man abwarten. Er wird sich mit seinen Erfahrungen weiter entwickeln.

Copyright © Anette Zander

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